Allgemein
Monatsrückblick September 2025
Der September 2025 stand ganz im Zeichen der regulatorischen Weichenstellungen und der damit verbundenen massiven Investitionsherausforderungen für die Energiebranche
NEST-Prozess: Branchenverbände warnen vor massiven Investitionsschäden
Am 17. September 2025 fand eine Sondersitzung des Beirats der Bundesnetzagentur statt. Die BNetzA nutzte diesen Termin, um über den Stand der NEST-Verfahren zu informieren, ihre Positionierungen fachlich zu erläutern und in die Diskussion mit den Beiratsmitgliedern einzusteigen. Der NEST-Prozess ist notwendig, da die Anreizregulierungsverordnung, GasNEV und StromNEV zum Ende der vierten Regulierungsperiode außer Kraft treten.
Die Position der BNetzA
Die BNetzA bewertet ihr NEST-Paket als ausgewogen und zukunftsorientiert. Ziel sei es, den Netzbetreibern ein Höchstmaß an Investitionssicherheit und gute Bedingungen für die Transformation zu gewährleisten, während der Kostenanstieg für die Verbraucher auf das effiziente und notwendige Maß begrenzt werde.
Die BNetzA prognostiziert, dass allein die Änderungen der Systematik für die Stromverteilernetzbetreiber im Regelverfahren in der 5. Regulierungsperiode voraussichtlich zu zusätzlichen Erlösen bzw. Netzkosten von 1,4 % führen werden.
Dieser Erlöszuwachs ergibt sich insbesondere durch folgende Maßnahmen:
- OPEX-Anpassung: Ein übergangsweises Instrument zur Anpassung der Betriebskosten (OPEX) für Stromverteilernetzbetreiber im Regelverfahren soll einen Erlöszuwachs von ca. 2,0 % bewirken (durchschnittlich 327 Mio. € jährlich).
- Eigenkapitalzinssatz: Durch die geänderte Methodik zur Ermittlung des Eigenkapitalzinssatzes (Verwendung des arithmetischen Mittels anstelle des „Mittels der Mittel“) steigen die Erlöse strukturell um ca. 1,2 % (durchschnittlich 215 Mio. € zusätzlich pro Jahr).
Die BNetzA argumentiert, dass die Netzbetreiber weiterhin Renditen erwirtschaften können, die weit über die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung hinausgehen. Im Geschäftsjahr 2024 erzielten die Stromverteilernetzbetreiber in einer relevanten Auswahl z.B. eine handelsrechtliche Eigenkapitalrendite von durchschnittlich 14 %.
Die massive Kritik der Branchenverbände (BDEW und VKU)
Die Bundesnetzagentur sah sich im September mit verschärftem Widerstand gegen ihren NEST-Prozess konfrontiert, das umfassende Verfahren zur Ablösung und Neugestaltung der Netzentgeltregulierung (ARegV, GasNEV, StromNEV).
Anlässlich der Beiratssitzung der BNetzA am 17. September 2025 legten der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) neue, aktualisierte Hochrechnungen zu den ökonomischen Folgen der geplanten Regulierungsanpassungen vor.
Die aktualisierten Branchenberechnungen zeigen einen prognostizierten Erlösrückgang von insgesamt rund 5 Milliarden Euro. Diese Summe setzt sich zusammen aus 3,5 Milliarden Euro für Stromnetze und 1,5 Milliarden Euro für Gasnetze.
Dies steht im deutlichen Widerspruch zur Prognose der BNetzA vom Mai, die davon ausging, dass die Methodenänderungen keine Senkung der Erlöse für Netzbetreiber zur Folge haben würden.
Wesentliche Ursachen für die Erlösminderung (5 Mrd. Euro):
Die massive Steigerung der erwarteten Verluste erklärt sich durch mehrere Effekte, deren Auswirkungen die BNetzA laut BDEW/VKU bisher unterschätzt hat:
- Fremdkapitalzins: Die in den Festlegungsentwürfen überraschend vorgestellte Umstellung bei der Ermittlungsmethodik des Fremdkapitalzinses auf einen starren Siebenjahresdurchschnitt führt zu einer massiven strukturellen Unterdeckung. Allein diese Umstellung entspricht einer Erlösminderung von etwa 2 Milliarden Euro.
- Effizienzvergleich: Unterschätzte Auswirkungen der verschiedenenMethodikänderungenbeim Effizienzvergleich.
- Wagniszuschlag: Der voraussichtliche Wegfall der Korrektur des Wagniszuschlags in der vierten Regulierungsperiode.
BDEW und VKU appellieren an die BNetzA, dringend nachzuschärfen und eine tragfähige Lösung zu erarbeiten. Kerstin Andreae (BDEW) betonte, dass Investitionen von über 200 Milliarden Euro bis 2035 für eine moderne Netzinfrastruktur erforderlich sind, was nicht mit einer Reduzierung der verfügbaren Mittel vereinbar sei. Auch Ingbert Liebing (VKU) forderte, die Investitionsbedingungen zu verbessern, anstatt sie zu verschlechtern, da die Maßnahmen die notwendige Investitionskraft schmälern.
Fokus Energiewendekompetenz: Ergebnisse des Expertenaustauschs vom 10.09.2025
Am 10. September 2025 fand der Expertenaustausch zu Anreizmechanismen für die Versorgungsqualität von Energieversorgungsnetzen statt, der sich insbesondere auf die Steigerung der Energiewendekompetenz bei Netzbetreibern konzentrierte.
Dort wurde das von der BNetzA in Auftrag gegebene Gutachten (Schuster – E-Bridge, FGH) zu dem Thema vorgestellt. Energiewendekompetenz wird dabei definiert als die Fähigkeit der Netzbetreiber, Infrastruktur, Prozesse und Organisation aktiv an die Anforderungen der Energiewende anzupassen und Energiewendetechnologien zügig und zuverlässig in die Infrastruktur einzubinden. Derzeit scheint bei der Energiewendekompetenz ausschließlich die Sparte Strom im Fokus zu sein.
Output-Orientierung und Indikatoren:
Das Anreizsystem soll outputorientiert ausgestaltet werden und einen konkreten Nutzen für Netzkunden und die Gesellschaft bringen. Mögliche Output-Indikatoren, die in Kennzahlen übersetzt werden sollen, sind:
- zusätzlicheEE (Erneuerbare Energien),
- zusätzlicheVerbrauchseinrichtungen (Energiewendetechnologien) und
- die Netzanschlussdauer.
Kriterien für Indikatoren sind unter anderem, dass sie beeinflussbar, entwicklungsfähig, flexibel, eindeutig, transparent, umsetzbar und messbar sein müssen. Strukturparameter haben sich laut des Gutachters nicht als statistisch signifikant erwiesen, sodass aus Behördensicht eine Normierung der Output-Indikatoren eher nicht erforderlich sei.
Digitalisierungsindex:
Die Einführung eines Digitalisierungsindex wird als Mittel zum Zweck – nicht als ein zu incentivierender Output – betrachtet. Eine regelmäßige Dokumentation, die als Ranking auf der Webseite veröffentlicht werden soll, wird zeitnah angestrebt – auch unabhängig des Festlegungsprozesses zur Energiewendekompetenz-Incentivierung. Der Digitalisierungsgrad soll spannungsebenenspezifisch dokumentiert werden, zudem aufgeteilt nach:
- SmartGrid(Beobachtbarkeit, Steuerbarkeit).
- Digitale Prozesse und Systeme (Automatisierung Planung, KI-gestützte Betriebsprozesse).
- Datenmanagement und -analyse (Digitale Netzpläne, zeitreihenbasierte Netzplanung).
- Kundenmanagement (digitalisierte Schnittstelle zu Kunden – Webportale, Netzanschlussprüfung).
Der Incentivierung der Netzservicequalität (ausgerichtet auf Netzkunden) steht die BNetzA derzeit kritisch gegenüber. Gründe hierfür seine eine geringe wirtschaftliche Hebelwirkung auf die Erreichung der Energiewendeziele sowie eine hohe vorhandene Regelungsdichte.
Anreizsystem und Monetarisierung:
Das Anreizsystem soll den Wert der Energiewendekompetenz monetarisieren. Die Höhe der Monetarisierung könnte abhängig gemacht werden von den durch die EE-Maßnahmen erreichten CO2-Einsparungen. Ebenso soll, je früher die Umsetzung der von Energiewendemaßnahmen erfolgt, der Anreiz höher ausfallen. Die Behörde kann sich in der finalen Ausgestaltung ein reines Bonus- oder ein Bonus-Malus-System vorstellen. Aktuell sieht sie keine Notwendigkeit die Ausgestaltung der Incentivierung zur Energiewendekompetenz zeitnah – also bis Ende des Jahres – in Festlegungen zu überführen. Zu Beginn könnte Sie sich auf die Veröffentlichung eines Rankings in der Energiewendekompetenz beschränken. Dieses Vorgehen führt aus Sicht der BNetzA ebenfalls bereits zu einem Anreiz für Netzbetreiber hinsichtlich Energiewendekompetenz stärkere Anstrengungen zu tätigen. Weiterhin offen ist ebenso, wer die Kosten bei einer monetären Incentivierung tragen soll (Netzkunden vs. gemeinsamer Topf).
Branchenworkshop zu Industrienetzentgelten
Zum Ende des Monats, am 30. September 2025, war ein Branchenworkshop zu Industrienetzentgelten angesetzt.
Das Ziel des Verfahrens (BK4-24-027) war eine von § 19 Abs. 2 StromNEV abweichende Festlegung zur Setzung systemdienlicher Anreize durch ein Sondernetzentgelt für Industriekunden.
Die BNetzA tendiert als Nachfolge für § 19 Abs. 2 StromNEV zu einem Modell mit Kapazitätspreis und Arbeitspreis. Dynamische Netzentgelte werden positiv gesehen, Einspeiser sollen kein Entgelt zahlen, Rabatte gibt es nur gegen eine Gegenleistung und für Speicher sind besondere Regeln geplant. Nächste Schritte sind Kurzpapiere im vierten Quartal 2025, ein Begleitgutachten im Frühjahr 2026, ein Entwurf im Sommer 2026 und die Festlegung Ende 2026, die Umsetzung gilt frühestens ab 2027 und Stellungnahmen sind bis zum 21. Oktober 2025 möglich.
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Mithilfe des NEST-Prozesses entwickelt die BNetzA den Regulierungsrahmen für Netzbetreiber neu, was in der Praxis oft zu Zweifeln und Unsicherheiten führt.
Wir stellen Ihnen den NEST-Navigator vor – ein Berechnungstool, das von KVK und Polynomics AG entwickelt wurde, um die neuen Vorgaben transparent zu analysieren. Damit erhalten Sie Klarheit bei zentralen Fragestellungen im Zusammenhang mit der neuen Regulierung, die sich auf die Effizienzwertermittlung und den direkten Vergleich der Erlösobergrenzen auswirken.
Termin: 26.11.2025 , 08:30-09:15 Uhr
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