Allgemein
Monatsrückblick April 2025
Der April zeigte sich regulatorisch ruhig. Die Ruhe vor dem Sturm vor einem ereignisreichen Mai.
EuGH-Urteil zur Definition von Kundenanlagen ⚖️
Der Europäische Gerichtshof hat am 28. November 2024 mit Urteil (C-293/23) entschieden, dass die im deutschen Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) definierte Kategorie der Kundenanlagen nicht mit den europäischen Vorgaben der Strommarktbinnenrichtlinie EU 2019/944 vereinbar ist. Laut Urteil ist jede elektrische Infrastruktur, die zur Versorgung von Großhändlern oder Kunden dient, als Verteilnetz anzusehen. Die bisherigen deutschen Kriterien, etwa der räumliche Zusammenhang oder die Wettbewerbsunbedeutsamkeit, dürfen hierbei keine Rolle mehr spielen. Das Urteil hat insbesondere Auswirkungen auf die Kundenanlagen nach § 3 Nr. 24a EnWG, ggf. jedoch auch auf Kundenanlagen nach § 3 Nr. 24b EnWG.
Diese Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf die deutsche Praxis. Netzbetreiber sind nun in einer komplexen Situation:
- Einerseits gelten weiterhin nationale Regelungen
- Andererseits stehen Netzbetreiber auch zwischen den nun geltenden Maßstäben des europäischen Rechts.
Die BNetzA und Gerichte müssen künftig diese europarechtliche Auslegung beachten. Geschäftsmodelle, die bisher als Kundenanlage geführt wurden, könnten zukünftig nicht mehr anerkannt werden. Die BNetzA verweist bislang auf eine bevorstehende Anpassung der nationalen Gesetzgebung und wartet zunächst die Urteilsumsetzung durch den Bundesgerichtshof ab.
Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD: Auswirkungen auf die Energiewirtschaft 🏛️
Der am 10. April 2025 vorgestellte Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD formuliert ambitionierte Ziele für eine klimaneutrale Energiewirtschaft bis 2045.
Wichtige Maßnahmen sind unter anderem der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energie. Dies umfasst die verstärkte Nutzung von Sonnen- und Windenergie, Bioenergie, Geothermie und Wasserkraft sowie mithilfe dieser hergestellten Moleküle. Ebenfalls erwähnt sind innovative Technologien wie Abwasserwärme und Wärmerückgewinnung.
Die Stromsteuer soll auf das europäische Mindestmaß reduziert und die Netzentgelte gesenkt werden. Zugleich ist eine umfassende Kraftwerksstrategie vorgesehen, die technologieoffene Ausschreibungen für neue Gaskraftwerke mit einer Kapazität von bis zu 20 GW bis 2039 umfasst. CO2-Einnahmen sollen künftig sozial gerecht an Bürger und Unternehmen zurückgegeben werden, um CO2-Preissprünge abzufedern.
Die geplanten Maßnahmen werden allerdings Fragen hinsichtlich der Finanzierung und rechtlichen Umsetzung auf. Insbesondere die Einführung eines Industriestrompreises stößt bei Versorgern auf Skepsis aufgrund der Komplexität und der erforderlichen Rechtssicherheit.
Neue Gebührenordnung der Bundesnetzagentur 📄
Die BNetzA stellt ihre Verwaltungspraxis um:
Sowohl für Kapitalkostenaufschlag als auch das Saldoregulierungskonto erfolgt künftig eine Vergebührung nach EnWGKostV. Grundlage sind überarbeitete Aufwandseinstufungen und neue Gebührenmatrizen, die auch den wirtschaftlichen Wert der jeweiligen Amtshandlung berücksichtigen.
- Für Strom- und Gasnetzbetreiber gelten die Änderungen ab dem Antragsjahr 2024 bzw. Rückwirkend ab 2023/2021.
Der Verwaltungsaufwand wurde neu bewertet und der wirtschaftliche Wert stärker berücksichtigt. Bei der Vergebührung dieser Amtshandlungen kann der wirtschaftliche Wert, den der Gegenstand der gebührenpflichtigen Handlung hat, berücksichtigt werden (§ 91 Abs. 3 S. 2 EnWG).
BNetzA schlägt Senkung der Kosten für Stromnetz vor ⚡
Die Bundesnetzagentur hat am 23. April 2025 einen Festlegungsentwurf zur Abschmelzung der sogenannten vermiedenen Netzentgelte veröffentlicht. Ab 2026 sollen diese Vergütungen für dezentrale Einspeisung konventioneller Kraftwerke schrittweise um jährlich 25 Prozent reduziert und ab 2029 vollständig abgeschafft werden. Betreibern dezentraler Solar- und Windkraftanlagen wurden keine vermiedenen Netzentgelte erstattet. Durch die Abschaffung sollen Stromnetzkunden über drei Jahre hinweg um rund 1,5 Milliarden Euro entlastet werden. Hintergrund: Die vermiedenen Netzentgelte wurden ursprünglich mit dem Argument eingeführt, dass durch lokal erzeugten Strom die Nutzung übergeordneter Netze vermeiden wird. Heute trifft diese Annahme zunehmend nicht mehr zu. Die Zahlungen belasten die Stromverbraucher jährlich mit rund 1 Milliarde Euro. Durch die Festlegung schafft die BNetzA frühzeitig Planungssicherheit für Anlagenbetreiber und signalisiert klar das Ende der Regelung mit dem Auslaufen der StromNEV Ende 2028.
Ausblick auf den Prozess der Regulierungsnovelle 📅
Die Bundesnetzagentur hat ab Mitte April wichtige Veröffentlichungen zur Regulierungsnovelle geplant:
- Ab Mitte April: Eckpunktepapier zu AGNES – Netzentgelte
- Ab Anfang Mai: Festlegungsentwürfe für RAMEN sowie StromNEF und GasNEF – Rahmenfestlegungen
- Ab Mitte Mai: Festlegungsentwürfe zu Kapitalverzinsung, Effizienzvergleich und Produktivitätsfaktor – Methodenfestlegungen
- Ab Mitte Mai: Festlegungsentwurf zu OPEX-Anpassungselement, sofern eine positive Entscheidung zu dessen Anwendung erfolgt, andernfalls wird eine Verkündung der negativen Entscheidung erwartet