Allgemein
Monatsrückblick April 2024
Was hat sich im April im Bereich der Energiewirtschaft getan?
Um diese Schlagzeile kamen wir in diesem Monat nicht herum.
10.4.2024: Kapazitätsengpass im Stromnetz der Stadtwerke Oranienburg
In Oranienburg, Brandenburg, war die Schnittstelle zwischen vorgelagertem Netz und Verteilnetz der Stadtwerke voll ausgelastet, was die Stadtwerke dazu veranlasste, temporär keine Anschlussbegehren neuer Unternehmen oder Verbraucher zu akzeptieren.
Zu viel Energienachfrage für zu wenig Netzleistungsfähigkeit. Netzausbau dauert lang und ist teuer.
Aufgrund eines Kapazitätsengpasses im Umspannwerk stand für das stark wachsende Oranienburg keine ausreichende Leistung zur Deckung zusätzlicher Strombedarfe zur Verfügung. Der Netzausbau konnte mit dem schnellen Ausbau der stark angepriesenen und erwünschten Erneuerbaren Energien und der Stromnachfrage für Ladesäulen, Wärmepumpen etc. nicht mithalten.
Bundesnetzagentur schaltet sich ein.
Die Bundesnetzagentur untersucht die Ursachen für die verzögerte Netzerweiterung, während eine von der Bundesregierung initiierte Arbeitsgruppe Lösungsansätze entwickelt. Die Stadtwerke haben mit der Hochspannungsnetzbetreiberin E.DIS Netz derweil eine Zwischenlösung gefunden. Vorläufig wird die Leistung am bestehenden Umspannwerk erhöht, um den Engpass zu beseitigen, bis der geplante Umspannwerk-Neubau in 2026 in Betrieb gehen kann. Der Neubau wird die Versorgungssicherheit in Oranienburg zukünftig gewährleisten.
Verteilnetze fit für die Energiewende machen. Puffer durch § 14a EnWG.
Um einer Überlastung des Netzes gegensteuern zu können, erhält der Netzbetreiber seit 2024 durch den § 14a EnWG die Möglichkeit, die Bezugsleistung auf 4,2 kW zu drosseln. Im Gegenzug darf der Netzbetreiber nicht mehr den Anschluss von elektrischen Verbrauchern mit Verweis auf eine potenzielle Überlastung ablehnen. Diese Drosselung ermöglicht eine effizientere Auslastung des Stromnetzes und verzögert dadurch den Bedarf für einen sofortigen Netzausbau.. Dennoch bleibt der Netzbetreiber verpflichtet, langfristig in den vorausschauenden Ausbau des Netzes zu investieren. Als Ausgleich für die Eingriffsmöglichkeit berechnet der Netzbetreiber dem Anlagenbetreiber unabhängig von der tatsächlichen Steuerung (Drosselung) nur ein reduziertes Netzentgelt. Obwohl das Gesetz bereits zum 01.01.2024 in Kraft getreten ist, und für bereits betroffene Verträge ab diesem Zeitpunkt ein reduziertes Netzentgelt zu gewähren ist, haben viele Netzbetreiber derzeit noch nicht die technischen Möglichkeiten, eine Leistungsreduzierung der einzelnen Verbrauchseinrichtungen durchzuführen. Die technische Umsetzung soll zum 01.01.2025 erfolgen.
Schleppende Digitalisierung der Netze. § 14a EnWG noch nicht anwendbar.
Der Smart-Meter-Rollout und die Netz-Digitalisierung, erforderlich für die Anwendung des § 14a EnWG, entwickeln sich in Deutschland nur langsam. Intelligente Messsysteme müssen Echtzeitdaten und Steuersignale liefern können, um die Integration unstetiger, erneuerbarer Energiequellen effektiv zu managen und sich an neue Verbrauchsmuster, wie die Nutzung von Elektroautos, Energiespeichern oder Wärmepumpen, anzupassen.
Das Beispiel Oranienburg sollte allen Akteuren noch einmal deutlich vor Augen führen, dass Stromerzeugung, -nachfrage und Netze im Einklang wachsen müssen, damit eine erfolgreiche Energiewende gelingen kann. § 14a EnWG ist keine Allheilmittel für nicht bedarfsgerechten Netzausbau.
Was ist noch passiert?
Neben den Ereignissen in Oranienburg gab es im April noch diese Entwicklungen im Energiesektor.
12.4.2024: Zustimmung „EU-Gaspaket“ im EU Parlament
Mit dem Green Deal will Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden und gleichzeitig das Wachstum ankurbeln. Herzstück des Green Deals ist das EU-Klimagesetz, das das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050 verbindlich festlegt und das EU-Klimaziel für 2030 auf mindestens 55 Prozent Treibhausgasminderung gegenüber 1990 erhöht. Zentraler Teil ist dabei das umfassende „Fit-for-55-Progamm“, welches u.a. das EU-Gaspaket beinhaltet, das die Ziele aus dem EU-Klimagesetz mit verbindlichen Maßnahmen unterfüttert und umsetzt.
Die Zustimmung zum EU-Gaspaket als Bestandteil des „Fit-for-55-Programm“ ist damit eine sehr wichtigste EU-Gesetzgebung für der Zukunft. Es bildet den künftigen EU-Rechtsrahmen für die Umstellung der bestehenden Erdgasinfrastruktur auf Wasserstoff und die zukünftige Marktregulierung. Damit will man einen Energiemarkt schaffen, der hauptsächlich auf grünen Strom- und grünen Gasquellen – eben Wasserstoff – aufbaut.
Gasnetzbetreiber dürfen künftig auch Wasserstoffnetze betreiben.
Die Europäische Kommission hatte ursprünglich strenge Entflechtungsvorschriften für Wasserstoffnetze vorgeschlagen. Diese Entflechtung hätte eine eigentumsrechtliche Trennung der Infrastruktur von der Energieerzeugung bedeutet. Die Vorschriften hätten es Gasunternehmen untersagt, ihre bestehende Pipeline-Infrastruktur auf Wasserstoff umzustellen. Diese Entflechtung wurde nun aufgehoben bzw. aufgelockert, um die Gasunternehmen zum Umbau ihrer Infrastruktur zu ermutigen. Die Verabschiedung des EU-Gas/H2-Binnenmarktpakets durch das Europäische Parlament erfordert nun die formelle Bestätigung durch den Ministerrat. Im Anschluss erfolgt die Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union. Die Überführung der Richtlinie in deutsches Recht finalisiert diesen Prozess schlussendlich.
Mehr zum Nachlesen:
VKU Reaktion
Europäisches Parlament
22.3.2024: Änderung der Kooperationsvereinbarung Gas
Die Verbände BDEW, VKU und GEODE haben am 22. März 2024 Änderungen der Kooperationsvereinbarung zwischen den Betreibern von in Deutschland gelegenen Gasversorgungsnetzen (KoV) verabschiedet, die mit einem Umsetzungszeitraum von sechs Monaten zum 1. Oktober 2024 in Kraft treten werden. Die Änderungen erfolgten aufgrund von gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben sowie zur Berücksichtigung von Erfordernissen aus dem Markt.
Eine wesentliche Veränderung betrifft die Kostenwälzung Biogas:
- Investitionen in Gasversorgungsnetze im Zusammenhang mit Biogasanlagen werden über eine Umlage refinanziert.
- § 10a ARegV und der festgelegte Eigenkapitalzinssatz der Bundesnetzagentur gelten nicht direkt.
- Eigenkapitalzinsätze für Biogasanlagen sollen analog zu Erdgasnetzen angewendet werden.
- Regelung wird rückwirkend zum 01.01.2024 wirksam.
- Ziel: Gleichlauf der Verzinsung aller Investitionen in Erdgasnetze sicherstellen.
- Für das Planjahr 2024 keine Anpassung der Biogasumlage, stattdessen Korrekturbetrag im Erhebungsbogen.
- Anpassungen gelten für Investitionen bis 31.12.2023 und ab 01.01.2024.
Überblick KoV inkl. aller Änderungen zum Nachlesen:
Kooperationsvereinbarung Gas (KoV) inkl. Leitfäden BDEW
Terminankündigung BNetzA: Einladung zum Expertenaustausch mit der Bundesnetzagentur zum Eckpunktepapier Netze.
Am 27. und 28. Mai 2024 lädt die Bundesnetzagentur wieder im Rahmen einer Webex-Konferenz zu einem offenen Expertenaustausch zu folgenden Themen ein:
- OPEX-Anpassung
- Kapitalerhaltungskonzeption
- Gewerbesteuer
- Standardisierung Umlaufvermögen